Ausschlagung einer Erbschaft | Rechtslexikon zum Erbrecht

Lesen Sie hier Wissenswertes zur Ausschlagung einer Erbschaft

Die Ausschlagung einer Erbschaft kann existenziell wichtig sein. Warum?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geht in § 1922 I vom Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge des Alleinerben oder der Miterben aus. Mit dem Erbfall gehen alle Rechte und Pflichten des Erblassers von selbst durch das Gesetz auf den oder die Rechtsnachfolger über.

Eine Annahme der Erbschaft ist nicht erforderlich. Durch diese Regelung ist bei jedem Erbfall sichergestellt, dass ein Rechtsnachfolger vorhanden ist und die Rechtsnachfolge eintritt. Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen kennt das deutsche Erbrecht keine „Beendigung“ der Rechte durch den Tod einer Person, sondern sieht den Rechtsübergang ipso iure, also von Rechts wegen vor.

Sie haben Fragen oder wünschen unverbindlich einen Rückruf?

Anfall der Erbschaft

Der Anfall des Erbes setzt lediglich voraus, dass der Erbe

  • erbfähig ist (§ 1923 BGB),
  • durch letztwillige Verfügung oder kraft Gesetzes zum Erben berufen ist und
  • keinen Erbverzicht (§§ 2346 ff. BGB) mit dem Erblasser vereinbart hat.

Wegen des „Vonselbst-Erwerbs“ muss der Erbe nichts für den Eintritt der Rechtsnachfolge tun. Es ist nicht einmal erforderlich, dass der Erbe Kenntnis von dem Erbfall hat.

Beseitigung des Anfalls der Erbschaft

Eine nachträgliche Beseitigung des Anfalls der Erbschaft ist denkbar durch:

  1. Ausschlagung der Erbschaft (§ 1942 BGB)
  2. Wirksame Anfechtung der Erbeinsetzung (§§ 2078 ff. BGB)
  3. Erbunwürdigkeitserklärung des Erben

Ausschlagung der Erbschaft – Wie geht das?

Gründe für eine Erbausschlagung

Da der Erbe voll in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt, können mit der Erbschaft neben positivem Vermögen auch Schulden verbunden sein. Übersteigen die Schulden das positive Vermögen, ist die Erbschaft überschuldet. Wenn der Erbe dann nicht die Möglichkeit einer Beschränkung der Haftung auf den Nachlass durch die Einleitung einer Nachlassinsolvenz wählt, kann er die Erbschaft ausschlagen und den Anfall der Erbschaft damit rückgängig machen.

Eine Ausschlagung der Erbschaft kommt auch dann in Betracht, wenn zum Beispiel eine Immobilie so stark mit Renovierungsaufwand und Hypotheken belastet ist, dass das Erbe hiermit wirtschaftlich unattraktiv ist. Grund einer Erbausschlagung kann aber auch sein, dass der Ausschlagende den Nachlass unmittelbar dem zuwenden will, der an seine Stelle tritt.

Für die Ausschlagung einer Erbschaft müssen beim Nachlassgericht aber keine Gründe angegeben werden!

Form der Erbschaftsausschlagung

Die Ausschlagung der Erbschaft erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Entweder muss sie zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen (§ 1945 Absatz 1 BGB). Die Ausschlagung kann auch in Vertretung erklärt werden. Der Vertreter bedarf dann jedoch einer öffentlich beglaubigten Vollmacht.

Örtlich zuständig für die Ausschlagung ist das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers.

Frist zur Ausschlagung der Erbschaft

Gemäß § 1944 Absatz 1 und Absatz 2 BGB muss die Ausschlagung binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Liegt eine gewillkürte Erbfolge vor, darf die Frist nicht beginnen, bevor die letztwillige Verfügung dem Erben durch das Nachlassgericht bekannt gegeben wurde.

Hat sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufgehalten oder hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland, gilt eine Frist von sechs Monaten (§ 1944 Absatz 3 BGB).

Wirksam wird die Ausschlagung erst, wenn dem Nachlassgericht die Erklärung zugegangen ist. Eine Ausschlagungserklärung ist auch innerhalb der Ausschlagungsfrist nicht mehr möglich, wenn das Erbe angenommen ist. Neben der ausdrücklichen Annahme der Erbschaft kann die Annahme des Erbes durch schlüssiges Verhalten, das auf eine Annahme schließen lässt, erfolgen. Dies kann beispielsweise die Beantragung eines Erbscheins oder die Durchführung von Maßnahmen in Bezug auf eine Erbschaft sein, die nur für einen Eigentümer typisch sind.

Ist man sich unsicher über die Annahme der Erbschaft, dann sollte man solche Handlungen unterlassen und die Frist zur Ausschlagung nutzen, um sich über die Möglichkeiten und Risiken der Erbschaft umfassend zu informieren. Die Erbschaft gilt auch dann als angenommen, wenn der Erbe die gesetzliche Ausschlagungsfrist verstreichen lässt – ohne ausgeschlagen zu haben.

Folgen der Ausschlagung einer Erbschaft

Durch die Ausschlagung der Erbschaft gilt der Anfall der Erbschaft an den Ausschlagenden als nicht erfolgt. Die Ausschlagung wirkt damit auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurück. Der Ausschlagende wird so behandelt als hätte er zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt. Rückwirkend auf den Erbfall wird derjenige Erbe, der im Zeitpunkt des Erbfalls anstelle des Ausschlagenden berufen gewesen wäre.

Wer die Erbschaft ausschlägt, ist nicht enterbt. Nach der Ausschlagung besteht daher grundsätzlich auch kein Pflichtteilsanspruch. Grund für den Ausschluss von der Erbfolge ist nicht eine Verfügung des Erblassers, sondern der eigene Willensentschluss des Ausschlagenden. Lediglich der überlebende Ehegatte, der die Erbschaft ausschlägt, kann neben dem Ausgleich des Zugewinns auch den Pflichtteil verlangen (§ 1371 Absatz 3 BGB).

Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so kann auch dieser den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt (§ 2306 Absatz 1 BGB).