Gewillkürte Erbfolge | Rechtslexikon zum Erbrecht

Lesen Sie hier Wissenswertes zur gewillkürten Erbfolge

Es gibt im deutschen Erbrecht zwei Arten von Erbfolgen: die gesetzliche und die gewillkürte.

Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn keine gewillkürte Erbfolge vorliegt und ist detailliert im Gesetz, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), geregelt. In diesem Artikel ist die gewillkürte Erbfolge maßgeblich, welche auf dem freien Willen des Erblassers basiert.

Als gewillkürte Erbfolge bezeichnet man also die Bestimmung des oder der Erben durch den Erblasser. Diese Bestimmung muss durch eine formgültige letztwillige Verfügung, also ein Testament oder einen Erbvertrag, erfolgen.

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Gewillkürte Erbfolge durch Testament

Jeder Deutsche, der über 16 Jahre alt und des Lesens mächtig ist, kann sich ein Blatt Papier zur Hand nehmen, auf dem er – komplett handschriftlich – niederschreibt, wer einmal was von ihm erben soll. Das Ganze muss unterschrieben werden und im Idealfall noch mit Datum und Ort der Niederschrift versehen werden.

Wer ganz sichergehen will, kann sein Testament auch beim Notar ausarbeiten und beglaubigen lassen oder das selbstgeschriebene Testament zumindest dort hinterlegen. Beim Einzeltestament bestimmt der Erblasser also inhaltlich für sich allein, wer sein Vermögen im Todedsfall erhalten soll. Beim gemeinschaftlichen Testament besteht für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner die Möglichkeit, die Bestimmungen gemeinsam zu treffen.

Gewillkürte Erbfolge durch Erbvertrag

Beim zwingend notariell zu beglaubigenden Erbvertrag verfügen mindestens zwei Personen letztwillig auf ihren Todesfall. Häufig schließen Ehepartner zugunsten ihrer Kinder einen Erbvertrag und bestimmen die Kinder als Schlusserben des überlebenden Ehepartners, der zunächst als Alleinerbe bestimmt wird. Dies Lösung soll den überlebenden Ehepartner finanziell absichern und letztlich das Familienvermögen erhalten.

Der Hauptunterschied zum Testament liegt darin, dass der Erbvertrag üblicherweise nicht einseitig geändert oder widerrufen werden kann, da hier zwei Personen beteiligt sind, die sich vertraglich verpflichtet haben. Ein weiterer Unterschied ist, dass zwei Testierende gemeinsam verfügen können – ohne dabei verheiratet zu sein oder in eingetragener Lebenspartnerschaft leben zu müssen.

Pflichtteil kann in die Quere kommen

Gut zu wissen ist, dass es einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch gemäß § 2303 BGB gibt, den man mit einer gewillkürten Bestimmung, sprich einer Enterbung, nicht aufheben kann (allenfalls bei Pflichtteilsunwürdigkeit gemäß den §§ 2339 ff. BGB).

Der Pflichtteil steht dem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner des Erblassers oder einem Abkömmling zu. Die Eltern des Erblassers sind ebenfalls pflichtteilsberechtigt, jedoch durch die Vorschrift des § 2309 BGB eingeschränkt. Nach dieser Norm sind die Eltern nämlich dann nicht pflichtteilsberechtigt, wenn ein Abkömmling des Erblassers selbst den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.

Ein Rechenbeispiel zur Veranschaulichung:

Der Erblasser hat zwei Kinder und eine Ehefrau, mit der er vor dem Tod in Zugewinngemeinschaft gelebt hat. Aber er kann alle nicht leiden und enterbt sowohl Frau als auch Kinder. Stattdessen vererbt er sein ganzes Vermögen (12.000 Euro) seinem besten Kumpel.

Der gesetzliche Erbfall wäre: Die Kinder erben gleiche Anteile, jeweils ein Viertel, also 3.000 Euro pro Kind. Die Ehefrau erbt die andere Hälfte, also 6.000 Euro. Da aber alle testamentarisch enterbt sind, steht ihnen nur noch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu. Die Kinder erhalten daher jeweils 1.500 Euro, die Ehefrau 3.000 Euro.

Weil der beste Kumpel Alleinerbe wird, geht das ganze Vermögen aber zunächst an ihn über, also die vollen 12.000 Euro. Kinder und Frau müssen vom Kumpel ihre Anteile verlangen und er muss sie als Alleinerbe auszahlen.

Erblasserwille ist entscheidend

Zusammenfassend sei also gesagt, dass jeder frei darin ist, über seine Erbfolge zu entscheiden und vor allem zu bestimmen, wer den Nachlass erhalten soll. Der Gesetzgeber mischt sich nur insoweit ein, als dass Pflichtteilsberechtigte eine gewisse Mindestbeteiligung am Nachlass erhalten sollen – sofern sie dies auch wollen.

Abschließend erwähnenswert ist zweifellos, dass der Erblasserwille durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung in ganz besonderem Maße – auch sehr lange Zeit nach dessen Tod – zu berücksichtigen ist. Eine solche Testamentsvollstreckung kann nur im Wege einer letztwilligen Verfügung, und einer damit üblicherweise einhergehenden gewillkürten Erbfolge, durch den Erblasser selbst angeordnet werden.