Zugewinnausgleich bei Scheidung! Im Laufe einer Ehe gewinnen oft beide Ehepartner, in selteneren Fällen nur einer der Partner, Vermögen hinzu. Dies kann in Form von Bargeld, Wertpapieren, Versicherungen, Grundstücken oder Luxusgütern erfolgen, auch ein Unternehmen kann einen Vermögenszuwachs darstellen. Schulden, die im Laufe der Ehe zurückgezahlt werden, sind ebenfalls eine Form des Vermögenszuwachses.
Sie fragen sich nun aber, wie sich ein Zugewinnausgleichsanspruch ergibt? Dafür muss zunächst einmal eine Zugewinngemeinschaft vorliegen. Als Zugewinngemeinschaft wird der gesetzliche Güterstand der Ehegatten aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bezeichnet, der nur dann nicht vorliegt, wenn durch einen Ehevertrag ein anderer Güterstand vereinbart wurde (Gütergemeinschaft oder Gütertrennung).
Liegt nun eine Zugewinngemeinschaft vor, muss, wenn ein Ehegatte es verlangt, bei Beendigung der Ehe (beispielsweise durch Scheidung oder Tod) ermittelt werden, wie hoch der Zugewinnausgleichsanspruch durch etwaige Vermögenszuwächse ist. Und das ist nicht unkompliziert. Spannend wird es jedenfalls, wenn ein Ehegatte die Scheidung einreicht.
Sie fragen sich, wie der Zugewinnausgleich bei Scheidung funktioniert? Ob Sie Ansprüche haben und wie sich diese berechnen lassen? Über das nachfolgende Inhaltsverzeichnis bekommen Sie einen Überblick über das Thema und gelangen direkt zu den für Sie relevanten Inhalten.
Am Tag der Eheschließung scheint die Welt rosarot. Doch das kann sich schnell ändern, wenn sich die Partner auseinandergelebt haben und die Scheidung wünschen. Plötzlich befinden sich die Ehegatten mit ihren Fragen im Bürgerlichen Gesetzbuch, dort im Familienrecht.
Nun fällt vielleicht auch das Stichwort „Zugewinnausgleichsanspruch“, bei der die Vermögenswerte beider Ehepartner gegenübergestellt werden. Maßgeblich sind dabei die Vermögenszuwächse beziehungsweise Vermögensreduktionen, die die beiden innerhalb der Zeit ihrer Ehe zu verzeichnen haben. Ausgeschlossen werden kann der Ausgleich des Zugewinns aus dem BGB, indem die Ehegatten per Ehevertrag, gegebenenfalls auch durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung, einen anderen Güterstand für die Ehe vereinbaren. Beides bedarf einer notariellen Beurkundung. Ohne eine solche notarielle Vereinbarung – oder auch dann, wenn eine modifizierte Zugewinngemeinschaft vorliegt – muss der Partner, der etwas dazugewonnen hat, dem anderen Partner etwas abgeben (sofern dieser auch etwas fordert!).
Der Zugewinnausgleich ist in den Vorschriften von § 1363 bis § 1390 BGB geregelt. Hier ist die Rede davon, dass durch die Ehe als Güterstand eine Zugewinngemeinschaft eingegangen wird, die wiederum auf getrenntes Vermögen setzt und deswegen bei Beendigung ein Ausgleich stattzufinden hat. Auch nach der Eheschließung erwerben die beiden Ehepartner nicht automatisch ein gemeinschaftliches Vermögen, sondern ihr Vermögen bleibt getrennt. Die Verwaltung des jeweils eigenen Vermögens obliegt auch dem Partner, der das Vermögen erworben hat.
Dies gilt synonym für Schulden: Erwirbt einer der Ehepartner Schulden, ist der andere Partner nicht dafür haftbar. Anders ist es bei gemeinsamen Verbindlichkeiten, wie sie häufig durch ein gemeinsames Unternehmen oder bei Immobiliendarlehen vorliegen. Hierfür sind beide Ehepartner verantwortlich, wenn sie beide den Darlehensvertrag bei der Bank unterschrieben haben. Jeder kann dann für die gemeinsamen Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden. Häufig haften die Ehegatten in solchen Fällen als sogenannte Gesamtschuldner gegenüber der Bank.
Aber zurück zum Zugewinnausgleichsanspruch. Die Zugewinngemeinschaft wird beendet durch:
Für das Entstehen eines Zugewinnausgleichsanspruchs kommen verschiedene Gründe in Betracht.
Früher war es üblich, dass die Ehefrau zu Hause blieb und sich um Kinder und Haushalt kümmerte. Sie hatte kein Einkommen, sollte aber für ihre Tätigkeiten auch finanziell entschädigt und dazu am Vermögen des Mannes beteiligt werden.
Aus diesem Grund entstand einst das Gesetz über den Zugewinnausgleich, welches bis heute Bestand hat. Der Vermögenszuwachs innerhalb der Ehe wird bei der Scheidung ausgeglichen, wobei es also nicht um das Vermögen geht, das jeder Partner mit in die Ehe gebracht hat.
Schnell wird dabei klar, dass die Berechnung des Ausgleichsanspruches erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann, da die exakte Bewertung vieler Gegenstände, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen häufig nur durch Sachverständigengutachten gelingt. Unser Ziel ist es für solche Fälle auch
Lösungen zu finden, die im Interesse unserer Mandanten liegen.
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Die Regelungen der Zugewinngemeinschaft sehen vor, dass ein Zugewinn an Vermögen, der während der Ehe erwirtschaftet wurde, bei Scheidung der Ehe in Höhe der Hälfte an den anderen Ehegatten auszugleichen ist. Um beurteilen zu können, ob – und gegebenenfalls in welcher Höhe – ein Zugewinn erwirtschaftet wurde, muss das Vermögen des jeweiligen Ehegatten, das am Anfang der Ehe (Anfangsvermögen) vorhanden war, mit dem Vermögen, welches am Ende der Ehe (Endvermögen) vorhanden ist, verglichen werden.
Das Anfangsvermögen ist in § 1374 BGB geregelt. Stichtag für die Ermittlung des Anfangsvermögens ist der Tag der Eheschließung.
Zu beachten ist beim Anfangsvermögen insbesondere, dass dieses indexiert werden muss (es wird also um die Inflation bereinigt). Diese Bereinigung der Geldentwertung orientiert sich am Preisindex der Lebenshaltung für die privaten Haushalte. Relevant sind hier die Indextabellen des Statistischen Bundesamtes.
Das Endvermögen ist in § 1375 BGB geregelt. Stichtag für die Ermittlung des Endvermögens ist der Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages. Rechtshängig ist der Scheidungsantrag an dem Tag, an dem das Amtsgericht (Familiengericht) diesen Antrag dem anderen Ehegatten zustellt.
Um prüfen zu können, in welcher Höhe ein Zugewinn erwirtschaftet wurde, ist eine genaue Kenntnis der Vermögenswerte sowohl des Anfangsvermögens als auch des Endvermögens notwendig. Damit Sie sich entsprechende Kenntnis verschaffen können, haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunftserteilung und Belegvorlage. Ihr Auskunftsanspruch kann gerichtlich durchgesetzt werden.
Die Höhe des Zugewinns wird für jeden Ehegatten separat ermittelt: Alles was am Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags an Vermögen vorhanden ist, wird bewertet und ergibt das Endvermögen. Schulden werden abgezogen. Dann wird das Vermögen ermittelt, das bereits bei der Eheschließung vorhanden war, das sogenannte Anfangsvermögen. Der Zugewinn errechnet sich aus dem Endvermögen abzüglich des Anfangsvermögens.
Wer mehr Zugewinn als der andere Ehegatte während der Ehe erzielt hat, schuldet dem anderen Ehegatten die Hälfte der Differenz. Damit wird erreicht, dass beide Ehegatten während der Ehe gleichviel Zuwachs erzielt haben.
Durch den Zugewinnausgleichsanspruch sollen die Ehegatten gleichgestellt werden.
Im Laufe der Ehe kann es passieren, dass einer der Ehepartner zum Erben wird und eine Erbschaft erhält. Auch Schenkungen, zum Beispiel durch Familienangehörige, kommen vor. Die Vermögenswerte, die damit an einen der Ehepartner fließen, werden dem Anfangsvermögen zugerechnet. Das betreffende Vermögen wird als „privilegiertes Vermögen“ bezeichnet und wird beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt.
Sie müssen aber bedenken, dass geerbte und geschenkte Vermögenswerte eine Wertsteigerung erzielen können, die dann sehr wohl als Zugewinn berücksichtigt wird und ausgleichspflichtig ist.
Achten Sie bei der Zugewinnausgleichsberechnung auf privilegiertes Vermögen!
Um die Sachlage bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft nach dem BGB zu verdeutlichen, folgt hier ein einfaches Beispiel zur Berechnung für den konkreten Ausgleich (ohne Indexierung):
Anne und Peter haben geheiratet und leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Anne hat bei der Eheschließung ein Vermögen von 50.000 Euro mitgebracht, Peter besaß zu diesem Zeitpunkt 100.000 Euro. Die Ehefrau hat in der Zeit der Ehe nicht gearbeitet und konnte auch kein Geld sparen, besitzt daher zum Zeitpunkt der Scheidung immer noch nur 50.000 Euro.
Peter hingegen hat als Geschäftsführer gut verdient und konnte außerdem erfolgreich in Aktien investieren. Sein Vermögen beträgt zum Zeitpunkt der Scheidung 500.000 Euro.
Annes Zugewinn liegt somit bei 0 Euro, Peters hingegen bei 400.000 Euro. Diese 400.000 Euro werden halbiert und gleichmäßig auf beide ehemaligen Ehepartner verteilt. Anne hat damit einen Ausgleichsanspruch von 200.000 Euro, Peter kann die übrigen 200.000 Euro behalten.
Die Ehegatten können den Zugewinnausgleichsanspruch außergerichtlich, beispielsweise im Rahmen einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung, regeln. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn die Ehegatten eine einvernehmliche Scheidung durchführen wollen.
Der Zugewinnausgleich wird aber nicht selten, als sogenannte Güterrechtssache (Folgesache), im Rahmen des gerichtlichen Scheidungsverfahrens geltend gemacht. Der Zugewinnausgleich wird vom Familiengericht nicht von Amts wegen geregelt, sondern nur wenn derjenige Ehegatte, der einen Zugewinnausgleich für sich beansprucht, von seinem Anwalt einen Antrag bei Gericht einreichen lässt.
In einem solchen Fall wird die Ehescheidung erst dann ausgesprochen, wenn die Fragen des Zugewinnausgleichs entscheidungsreif sind. Durch die Einbringung des Zugewinnausgleichs als Folgesache kann sich das Ehescheidungsverfahren erheblich in die Länge ziehen (dies gilt auch für eine Härtefallscheidung), nämlich dann, wenn Immobilien oder Unternehmen in den Zugewinnausgleich fallen und umfangreiche Wertermittlungen und die Einholung von Sachverständigengutachten durch das Gericht erforderlich sind.
Der Zugewinn muss aber nicht notwendigerweise im Ehescheidungsverbund geltend gemacht und geregelt werden, sondern kann auch nach Abschluss des Scheidungsverfahrens in einem isolierten Verfahren geklärt werden. Die Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs im Ehescheidungsverbund ist meistens kostengünstiger, taktisch aber nicht in jedem Fall sinnvoll.
Ob nun der Zugewinnausgleich als Folgesache im Scheidungsverfahren oder in einem isolierten Verfahren gerichtlich geltend gemacht wird, in jedem Fall müssen sich die Ehegatten anwaltlich vertreten lassen.
Positionen im Versorgungsausgleich dürfen beim Zugewinn nicht erneut berücksichtigt werden.
Bitte beachten Sie, dass der Anspruch auf Zugewinnausgleich innerhalb von drei Jahren (zum Jahresende) ab Rechtskraft der Scheidung verjährt. Das bedeutet, dass ein Zugewinnausgleich nicht mehr durchgesetzt werden kann, wenn er nicht vor Ablauf dieser Frist verjährungshemmend, bestenfalls gerichtlich, geltend gemacht wird.
Fällig wird der Anspruch mit Rechtskraft der Scheidung. Dann läuft die Verjährungsfrist.
Die Berechnung des Zugewinnausgleichs geht regelmäßig mit Streitigkeiten einher, die sich immer wieder ähneln. Besonders häufig sind einzelne Positionen im Anfangsvermögen oder im Endvermögen im Fokus, denn nicht immer lassen sich diese eindeutig beziffern. Einzelne Vermögenswerte können schwierig benannt werden, was unter anderem bei der Beteiligung an Unternehmen der Fall sein kann. Auch der Besitz von Immobilien ist oft schwer in Zahlen zu fassen.
Einzelne Vermögenswerte sind vielleicht nicht direkt einem Ehepartner zuzuordnen und jeder möchte sie für sich beanspruchen. Auch das führt nicht selten zu Streitigkeiten, die mit einer Regelung zu Beginn der Ehe hätten vermieden werden können.
Der Zugewinn spielt steuerlich gesehen eine nicht unwichtige Rolle. Das gilt vor allem bezogen auf die Erbschafts- oder Schenkungssteuer, denn der Zugewinn wird von einem Partner auf den anderen übertragen, ohne dass die zuvor gezahlten Steuern ebenfalls gegengerechnet werden. Auch beim Tod des Ehegatten findet ein Zugewinnausgleich statt und hier ist ein Viertel des Vermögens des Verstorbenen steuerfrei an den verbliebenen Ehepartner zu zahlen.
Ein Zugewinn kann auch schon bei noch bestehender Ehe ausgeglichen werden, wenn es darum geht, Steuervorteile für sich zu nutzen. Möglich wird das durch das Erwerben von Vermögenswerten innerhalb der Ehe. Übersteigen diese Vermögenswerte die Steuerfreibeträge, können die Ehepartner eine Gütertrennung vereinbaren. Nun ist der entstandene Zugewinn auszugleichen, was wiederum steuerfrei möglich ist. Danach ist der Wechsel zurück in die Zugewinngemeinschaft möglich.
Wichtig: Ein notarieller Ehevertrag muss der sogenannten „Güterstandsschaukel“ zugrunde gelegt werden, andernfalls kann sie nicht in Anspruch genommen werden.
Lassen Sie sich von uns helfen, wenn es um den Zugewinnausgleich bei Ihrer Scheidung geht!